Problemlösungen auf der Spur

Grundverständnis Wirkungsorientierung

Was ist
Wirkungsorientierung?

Wirkungsorientierung bedeutet, dass ein Projekt systematisch auf die erwünschte Wirkung hin geplant werden muss. Auch während der Umsetzung ist laufend zu überprüfen, ob sich das Präventionsvorhaben in Richtung der formulierten Wirkungsziele bewegt. Am Ende ist festzuhalten, was aus den Ergebnissen und Erfahrungen für künftige Präventionsvorhaben gelernt werden kann. Idealerweise wird auch analysiert, inwieweit die Wirkungsziele erreicht wurden.

Was leistet Wirkungsorientierung?

Wer mit Präventionsaufgaben befasst ist, möchte auch Präventionswirkungen erzielen. Die entscheidende Frage ist, wie lassen sich diese Präventionswirkungen tatsächlich erreichen und wie ist dabei vorzugehen? Der wirkungsorientierte Ansatz bietet dazu einen erfolgreichen Lösungsweg. Er stützt sich auf bewährte, fachlich anerkannte Standards zur Qualitätssicherung. Dazu gehört eine strukturierte, systematische Anwendung von genau beschriebenen Arbeitsschritten, die sowohl bei der Konzeptionsentwicklung als auch der Durchführung von Präventionsprojekten einzuhalten sind. Der wirkungsorientierte Ansatz schafft die Grundlage dafür, dass ein Projekt Wirksamkeit entfalten kann. 

Wirkungsorientierung bedeutet aber auch, dass im Zuge der Konzeptionsentwicklung der bestmögliche und effiziente Einsatz von Ressourcen vorgesehen wird. Fehlinvestitionen in fachlich nicht tragfähige Ansätze, in wirkungslose oder sogar kontraproduktive Maßnahmen werden vermieden. Eine qualitativ hochwertige Konzeption ebnet also nicht nur der Weg zur Wirksamkeit, sondern auch zum effizienten und schonenden Umgang mit Ressourcen.

10 gute Gründe

Der wirkungsorientierte Ansatz hat überzeugende Vorteile. Mit ihm lässt sich ein fachlich belastbarer Präventionsansatz entwickeln, eine gut durchdachte Planung erarbeiten und die Umsetzung des Projekts so vorantreiben, dass die Zielerreichung kontinuierlich im Blick bleibt.

Die Vorteile im Einzelnen sind:

01

Problemlagen in ihrer Komplexität erfassen

Kriminalitäts- und Verkehrsunfallphänomene haben meist vielfältige Facetten und können, z. B. je nach lokalen Gegebenheiten, unterschiedlich ausgeprägt sein. In aller Regel sind sie nicht nur auf eine, sondern auf mehrere Ursachen zurückzuführen. Weil das Ursachenbündel oft komplex ist, müssen die Ursachen im Einzelnen identifiziert, eingeordnet und in ihrem Zusammenwirken verstanden werden. Diese Analyse erfordert Fachkenntnisse. Erst wenn die Komplexität des Phänomens durchdrungen ist, können relevante von weniger relevanten Sachverhalten unterschieden werden.

02

Ursachen erkennen und klare Ziele festlegen

Um zielgerichtet vorgehen zu können, bedarf es einer Entscheidung, welche Aspekte des Phänomens und welche ihrer Ursachen vorrangig im Blickpunkt stehen sollen. Die Polizei wird sich vor allem auf solche Ursachen konzentrieren, die sie mit ihren Maßnahmen und Möglichkeiten tatsächlich beeinflussen kann. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Zielbestimmung: Weil Ziele immer an den Problemursachen ansetzen, ist mit der Fokussierung auf bestimmte Ursachen auch die Richtung der anvisierten Ziele vorgezeichnet. Durch eine fundierte Ursachenanalyse lassen sich Ziele nicht nur klar bestimmen, es können auch Entscheidungen leichter nachvollzogen werden.

03

Planung und Durchführung systematisch vornehmen

Prävention ist im Vergleich zur Repression eine Aufgabe, die in der Regel mit weniger akutem Handlungsdruck ausgeübt werden kann. Insofern ist der zeitliche Planungshorizont offener. Dies ermöglicht es, den Grundsatz einzuhalten: Qualität geht vor Schnelligkeit. Eine wirkungsorientierte Arbeitsweise bedeutet, systematisch und gründlich vorzugehen. Dazu gehört, eine bestimmte Abfolge von Denk- und Arbeitsschritten einzuhalten. Alle wichtigen Fragen, die es für die Konzeptionsentwicklung, die Planung und Durchführung von Maßnahmen bis hin zur Erfolgskontrolle braucht, müssen bedacht werden. Dazu ist eine gute fachliche Qualifikation des Personals ebenso notwendig wie ein angemessener zeitlicher Rahmen. Unzulängliche oder fehlerhafte Planung führt zur Fehlsteuerung von Ressourcen und zusätzlichem Aufwand an Zeit, Geld oder Personal, um Fehler zu kompensieren.

04

Fachlich gut begründete Ansätze entwickeln

Präventionsansätze sind dann erfolgsversprechend, wenn sie wissenschaftliche Erkenntnisse, Untersuchungsergebnisse, Hell- und Dunkelfelddaten, aber auch bewährte Erfahrungen der Präventionspraxis berücksichtigen. Auf diese Weise lässt sich ein für das jeweilige Phänomen geeigneter Präventionsansatz bestimmen. Die Eignung des Ansatzes bemisst sich an der zu erwartenden Präventionswirkung. Dabei muss das Rad nicht neu erfunden werden: Wer auf belastbare Erkenntnisse und gesichertes Erfahrungswissen zurückgreift, schafft nicht nur Qualität, sondern schont auch Arbeitskapazitäten im Projekt, die dann für andere wichtige Dinge frei werden. Außerdem können unnötige, wirkungslose oder gar kontraproduktive Maßnahmen vermieden werden.

05

Prävention und Repression als Ganzheitliches verstehen

Prävention und Repression sind zwei unterschiedliche Ansätze, um Problemlagen im Bereich des Kriminalitäts- oder des Verkehrsunfallgeschehens entgegenzuwirken. Dabei sollten Maßnahmen der Prävention und solche der Repression aber nicht isoliert voneinander betrachtet, sondern gut aufeinander abgestimmt werden. Zielführend ist ein ganzheitlich gedachtes Konzept, das beide Ansätze so aufnimmt, dass sie sich in der Gesamtwirkung verstärken oder überhaupt erst Wirkung erzielen. Hier ist die Polizei mit Alleinstellungsmerkmal in der Lage, präventive und repressive Elemente koordiniert zusammenzubringen. Sie verfügt über besondere Kompetenzen, die – in Zusammenarbeit mit anderen gesellschaftlichen Partnern – die „Schlagkraft“ der Prävention wesentlich erhöhen.

06

Probleme nachhaltig, nicht nur kurzfristig angehen

Wirkungsorientierte Prävention ist darauf ausgerichtet, dass die gewünschten Effekte längerfristig fortbestehen und nicht nur von kurzer Dauer sind. Eine solche Nachhaltigkeit lässt sich nur erreichen, wenn die Maßnahmen mit einer gewissen Kontinuität betrieben werden. Einmalige Aktionen erzeugen bestenfalls ein kurzes „Strohfeuer“ und sind mit Blick auf den Ressourceneinsatz unergiebig. Für wirksame Prävention braucht es Konzeptionen mit längerfristiger Reichweite und eine Umsetzung mit langem Atem.

07

Ressourcen effizient einsetzen

Die Bundeshaushaltsordnung sieht gemäß § 7 vor, dass bei der Festlegung von Maßnahmen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu entsprechen ist. Dabei muss eine Abwägung von Aufwand und Wirksamkeit der gewählten Maßnahmen erfolgen. Aber nur, wenn die voraussichtliche Wirkung verschiedenster Maßnahmen gut eingeschätzt werden kann, lässt sich die Effizienz beim Einsatz von Ressourcen auch ermessen. Wirkungsorientierung entgegnet der Gefahr einer „Vergeudung“, des wirkungslosen „Verpuffens“ von Ressourcen, frühzeitig.

08

Durch Zusammenarbeit in Netzwerken profitieren

Prävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die ohne die Zusammenarbeit verschiedener Gruppen, Institutionen und Ressorts nicht funktioniert. Deshalb ist die Polizei darauf angewiesen, Präventionsmaßnahmen gemeinsam mit anderen Partnern zu entwickeln und abzustimmen. Diese Zusammenarbeit in Netzwerken schafft ein gemeinsames Verständnis davon, welche Ziele erreicht werden sollen und wie der Weg dorthin aussehen kann. Gleichzeitig kann unter den Beteiligten die jeweilige Zuständigkeit geklärt und voneinander abgegrenzt werden. Polizeiliche wie nichtpolizeiliche Partner kennen dann ihre jeweilige Rolle.

Ist ein Netzwerk bereits vorhanden, lassen sich Partner leichter gewinnen und von einer Zusammenarbeit überzeugen. Auch können Geldmittel leichter eingeworben werden. Falls sich die Kooperation auch auf wissenschaftliche Einrichtungen erstreckt, sind Kompetenzen im Umgang mit Vergabeverfahren verfügbar.

09

Erfolge sichtbar werden lassen

Der Erfolg eines Projekts hängt auch davon ab, wie er nach außen hin kommuniziert bzw. dargestellt wird. Insbesondere Vorhaben, die mit hohem finanziellem Aufwand betrieben werden, sind gegenüber der Öffentlichkeit begründungspflichtig. Die Akzeptanz in der Öffentlichkeit lässt sich viel leichter erreichen, wenn auf hohe fachliche Standards bei der Planung und Durchführung sowie auf einen effizienten Einsatz der Mittel hingewiesen werden kann. Auch hat die Polizei die Chance zu verdeutlichen, an welchen Stellen sie die Hauptverantwortung trägt und wo andere Akteure maßgeblich gefordert sind. Seriöse Begründungen tragen zur Glaubwürdigkeit bei und schaffen Überzeugungskraft. Zugleich können damit Forderungen nach weniger wirksamen, kontraproduktiven oder ineffizienten Maßnahmen abgewehrt werden.

10

Erkenntnisse für künftige Vorhaben sichern

Wirkungsorientiertes Vorgehen schließt die Bereitschaft und Kompetenz mit ein, aus gewonnenen Erkenntnissen und gemachten Erfahrungen zu lernen. Dabei sind sowohl die Erfolge als auch nicht funktionierende Abläufe oder Fehleinschätzungen in den Blick zu nehmen. Falls eine solche (selbst-)kritische Rückschau unterbleibt, werden mögliche Schwachstellen des Präventionsansatzes, aber auch Chancen für weitere Optimierung und Fortentwicklung nicht thematisiert.

Um gewonnenes Wissen für die Dienststelle und für zukünftige Projekte zu sichern, sind neben der Konzeption auch Ergebnisse und Erkenntnisse zu dokumentieren. Ansonsten geht über die Zeit hinweg – allein schon durch Personalfluktuation – Kompetenz und Qualität in der Präventionsarbeit verloren.

Wirkungsorientierung kommt vor Wirkungsmessung!

Wenn es darum geht, Prävention wirksam zu gestalten, helfen dann nur Wirksamkeitsmessungen weiter? Welche Möglichkeiten gibt es, sich über die Qualität der Präventionsarbeit und ihrer Ergebnisse Klarheit zu verschaffen? Wirkungsorientierung setzt in erster Linie darauf, eine qualitativ hochwertige Konzeption und sorgsame Überwachung der Umsetzung zu erreichen, weil nur dies Wirksamkeit schafft. Erst in zweiter Linie geht es dann um die Überprüfung bzw. Messung dieser Wirksamkeit. 

In dem Maße, wie der Aufwand bei einem Präventionsprojekt zunimmt, erscheint es umso wichtiger zu prüfen, ob mit den praktizierten Ansätzen und Aktivitäten die angestrebten Ziele tatsächlich erreicht werden konnten. Für Planung und Durchführung einer Wirkungsevaluation sind allerdings gute Methodenkenntnisse erforderlich. Je nach methodischem Ansatz und vorhandenen Kompetenzen der im Projekt mitwirkenden Personen kann eine Wirkungsmessung projektintern geleistet werden oder aber die Unterstützung externer Fachleute erfordern. Die Wirkungsmessung ist kein (zwingender) Bestandteil des wirkungsorientierten Vorgehens, wird aber grundsätzlich empfohlen.

Wie funktioniert Wirkungsorientierung?

Das wirkungsorientierte Vorgehen beginnt mit der genauen Erfassung des Problems und seiner Ursachen. Diese Analyse ist unverzichtbar und bildet die Grundlage für alles Weitere. Nur wenn die Ursachen für das Problem erkannt und präzise beschrieben sind, ist es möglich, geeignete Maßnahmen davon abzuleiten. Ansonsten würden die Projektaktivitäten an der Problemlösung vorbeilaufen. Schon in einer frühen Phase werden also die Weichen gestellt, ob ein Projekt die Ziele überhaupt erreichen kann.

Das Wissen um die Ursachen ist auch deshalb notwendig, um die Akteure zu bestimmen, die auf diese Ursachen Einfluss haben. Wer verfügt über notwendige Kompetenzen? An welchen Stellen ist die Polizei zuständig und wo nicht? Welche Kooperationspartner müssen zusammengebracht werden? Wirkungsorientierung bedeutet nicht nur, geeignete Präventionsmaßnahmen zu finden und einen effizienten Einsatz der Mittel zu planen. Es geht auch darum, diejenigen Gruppen, Institutionen und Betroffenen zu identifizieren, die eingebunden werden müssen, um die Präventionsziele zu erreichen.

Um ein Projekt wirkungsorientiert zu gestalten, finden Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter mit dem Praxiswerkzeug weitreichende, praxisnahe Hilfestellungen.

Natürlich kostet Qualität, aber fehlende Qualität kostet mehr.

Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger